Als der Berliner Bär an der Ostsee steppte: Der Badeort Graal-Müritz erinnert an die goldenen 20er-Jahre
(DJD). Im Kino läuft der Spielfilm "Die Herrlichkeit des Lebens" über die kurze, große Liebe von Franz Kafka und Dora Diamant, hochkarätig besetzt mit Sabin Tambrea und Henriette Confurius. Und in Graal-Müritz können Ostsee-Urlauber an den Originalschauplätzen auf historischen Spuren wandeln: "Hier hat in den goldenen 20er-Jahren der Berliner Bär gesteppt", erzählt Dörthe Hausmann, Geschäftsführerin der Tourismus- und Kur GmbH Graal-Müritz. Heute ist das traditionsreiche Ostseeheilbad bei Rostock nicht überlaufen – zur Freude der jetzigen Urlauber, die am kilometerlangen weißen Sandstrand viel Platz und Ruhe finden. Gleich hinter den Dünen schirmt der dichte Küstenwald den Seewind ab und lädt zu schattigen Spaziergängen im Grünen ein. So viel Wald und Moorgebiete gibt es sonst selten direkt am Meer, weshalb das Ostseeheilbad Graal-Müritz mit seinem gesunden Reizklima schon vor hundert Jahren so beliebt war.
Kafka, Kästner und Kempowski
Unter den vielen Badegästen und Erholungsuchenden aus Berlin und anderen großen Städten waren damals mehrere namhafte Künstler: Der lungenkranke Literat Franz Kafka stieg in der Pension Glückauf an der Müritzer Strandstraße ab, mit freiem Blick ins Grüne. Dora Diamant betreute zur gleichen Zeit Kinder in einer nahe gelegenen Ferienkolonie des Volksheims. So lernte sie Franz Kafka kennen. Erich Kästner kam als Jugendlicher auf seiner ersten großen Reise nach Müritz und wohnte mit seiner Mutter in der Pension Meeresblick, heute Villa Martha. Der gebürtige Rostocker Walter Kempowski hat Graal-Müritz oft besucht und in seinen Roman sogar festgehalten, wie seine Eltern sich einst auf der Seebrücke kennenlernten. Hans Fallada verbrachte vier aufeinanderfolgende Sommer in Graal und mietete ein kleines Bauernhaus für seine Familie. Im Heimatmuseum Graal-Müritz wie auch unter www.graal-mueritz.de ist mehr über die reiche Geschichte des Ostseeheilbads und seine berühmten Gäste zu finden. Es gibt auch ein Faltblatt zum Rundgang "Auf den Spuren von Schriftstellern in Graal-Müritz".
Bäderarchitektur und Tanzsäle
Die meisten Pensionen und Hotels in Müritz lagen direkt am Wald. Erbaut waren sie in der typischen Bäderarchitektur der Jahrhundertwende – zahlreiche Balkone und Veranden schmückten damals die Häuser. An der Promenade und auf der Seebrücke hieß es: "Sehen und gesehen werden". Abends warf man sich im Stil der Zeit in Schale und ging zum Tanzen in die großen Hotels. Dort wurde in großen Sälen zu beschwingter Musik ausgelassen gefeiert. Heute befinden sich in einigen davon Restaurants, die noch von den wilden Zeiten in den goldenen 20er-Jahren zeugen.